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Warum mit Lehm und Kalk putzen Der Putz ist das Kleid des Hauses. Er schmückt und schützt Wände und Decken vor Wind und Wetter, mechanischen Beschädigungen, Verschmutzung und Abnutzung. Die Putzschicht trägt wiederum die Wandfarbe, im Innenraum oft auch eine Tapete oder Fliesen. Zunehmend bleiben Putze auch naturbelassen, vor allem, wenn sie mit farbigen Mörteln hergestellt werden. Mit naturbelassenen Lehm- und Kalkputz-Oberflächen holen wir uns die Lebendigkeit und das Farbenspiel ausgesuchter Erden und Sande in das Innere des Hauses oder an die Fassade. Die von unseren Vorfahren verwendeten Farben waren auf die damals verfügbaren Substanzen beschränkt, doch entstammten diese den gleichen natürlichen Quellen wie das Baumaterial selbst: Gestein, Ton, Minerale. So „wuchsen“ die Gebäude gleichsam aus der Erde empor und wurden mit natürlichen Pigmenten verschönert. Interessanterweise ist es trotz modernster Technik nicht möglich, mit synthetischen Farbstoffen die besonderen Eigenschaften eines mit Erdfarben eingefärbten Anstriches zu erreichen. Die Pigmentkörnchen dispergieren nicht in der gleichen Weise, und das Resultat ist ein leblos wirkender Kunststoffüberzug. Die alten natürlichen Pigmente dagegen bringen subtile Bewegung und Leben in eine gestrichene Fläche. Mit Kalkanstrichen versehene Kalkputzflächen haben darüber hinaus eine besondere Ausstrahlung, da das Licht durch ihre kristalline Struktur im gesamten Lichtspektrum reflektiert wird. Auch wenn Putze nur einen kleinen Teil der Bausubstanz ausmachen - es sind gerade die obersten ein bis drei Zentimeter - bestimmen sie wie auch alle anderen Oberflächen im Raum, seien es Farben, Verkleidungen oder Bodenbeläge, maßgeblich unser körperliches und seelisches Wohlbefinden. Wir sehen sie, fühlen ihre Oberfläche und atmen die Stoffe ein, die sie ausdünsten. Wir fühlen uns wohl, wenn sie schön und authentisch sind und für ein gutes Innenraumklima förderlich. Das Verlangen nach diesen „einfachen“ Dingen, nach schönen und wohngesunden Wandflächen wird von vielen heute gebräuchlichen Putzen und Wandverkleidungen nicht mehr erfüllt. Nicht nur das, viele Baumaterialien dünsten Schadstoffe aus, die Krankheiten und Allergien auslösen können. Putze wie Beschichtungen enthalten oft Zusatzmittel, die gesundheitlich bedenklich sind. Auch wenn es sich dabei um geringe Mengen handelt, können sie, wenn sie von den umgebenden Flächen ausgasen, die Schadstoffbelastung der Raumluft erheblich erhöhen. Kleinkinder und Menschen mit Allergien sind besonders gefährdet. Mit den zunehmenden Anforderungen an luftdichte Gebäudehüllen wächst zudem das Risiko der Schimmelbildung im Innenraum. Umso mehr sind Putze aus Naturmaterialien wie Lehm und Kalk gefragt. Sie belasten unsere Gesundheit nicht und die Umwelt möglichst wenig. Sie sind Schadstoff-frei, dampfdiffusionsoffen, können Feuchtigkeit und oft auch Gerüche und Schadstoffe absorbieren und das Raumklima durch ihre feuchteregulierenden Eigenschaften positiv beeinflussen. Frische Kalkputze und –anstriche wirken zudem antibakteriell und schimmelbekämpfend. Der Mörtel für Lehm- und Kalkputz werden aus den in der Natur vorkommenden Rohstoffen Lehm, Kalkgestein, Sand und Kies hergestellt. Auf chemisch-synthetische Inhaltsstoffe und belastende Zusatzmittel läßt sich verzichten. Lehm und Kalkgestein sind regional verfügbar, ausreichend vorhanden und fügen sich wieder in den natürlichen Kreislauf ein: Lehmputz wird zu Erde, Kalkputz zu Kalkgestein. Kalkputz aus Abriss und Kalkmörtelreste können gefahrlos deponiert werden. Lehm kann ohne aufwändige Aufbereitung zum Bauen verwendet werden, während Kalk aus Kalkgestein gebrannt wird. Dazu wird Brennstoff benötigt und CO2 in die Atmosphäre abgegeben. Die Verwendung von Kalkputz anstelle des üblichen Kalkzementputzes trägt dazu bei, den von Menschen verursachten CO2 Ausstoß zu reduzieren, da Kalk mit niedrigeren Temperaturen als Zement gebrannt wird. Mit unterschiedlichen Techniken bearbeitet, entstehen glatte, weichere oder feinere, gröbere oder rustikalere Putzoberflächen. Farbig geputze Flächen sind nicht einfach nur farbig, sie vermitteln Stimmungen, Gefühle, auch Gerüche, Leichtigkeit oder Schwere, sie sind laut oder leise. Das Geheimnis der natürlichen Farben ist dabei, dass immer mehrere Farben gleichzeitig schwingen, in der Natur ist Monochromie unbekannt.
Kalkwerkstatt